Der Bericht einer entschleunigten Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Nach Griechenland reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln? Geht das? Und ob!
Miriam Raidl hat es ausprobiert und ist von Wien, mit Zug, Fähre und Bus, zu uns ins südliche Griechenland gereist.
Hier erzählt sie von ihren Erfahrungen und Eindrücken dieser klimafreundlichen Anreise.
Vielleicht inspiriert sie ja den einen oder anderen Reisenden? Wir würden uns freuen!

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Nachhaltig Reisen nach Griechenland – „Eine Reise der Sinne“

Erfahrungsbericht von Miriam Raidl

Eckdaten

  • Nachtzug (ÖBB) von Wien nach Venedig oder Ancona (1 Mal Umsteigen in Bologna, Verbindungen gibt es mehrmals pro Woche, Dauer zwischen 10,5h und 14h). Man startet abends in Wien und ist dann vormittags in Italien. Spar-Angebote gibt es bereits ab 30 Euro (bei Frühbuchung für einen Sitzplatz), aber auch bei meiner eher kurzfristigen Buchung 2 Tage vorher war der Preis angemessen. In der Nebensaison ist wenig los und wenn man Glück hat ergattert man ein Abteil für sich allein, das sich dann leicht zu einem Liegewagen umbauen lässt.
  • Der Weg vom Bahnhof zum Hafen in Ancona lässt sich gut zu Fuß zurücklegen. Wenn man vormittags ankommt, bietet es sich an eine Fähre am frühen Nachmittag zu nehmen.
  • Fähre (Anek oder Minoan Lines) von Venedig oder Ancona nach Patras (mehrmals pro Woche, Dauer zwischen 21,5h und 24h, ca. 70 Euro pro Person für Deckpassage). In der Nebensaison ist es nicht so voll und mit Schlafsack und Isomatte auf dem Boden lässt es sich bei Wellenschaukeln gut schlafen. Wer es luxuriöser mag, kann auch eine Kabine buchen. Man kommt nachmittags mit der Fähre in Patras an.
  • Wenn man öffentlich in die Mani weiter fährt bietet es sich an eine Nacht in der Stadt zu bleiben und den Bus am nächsten Tag zu nehmen. In Patras kann man von der Burg auf der Anhöhe einen herrlichen Blick auf die Stadt und das Meer genießen. Dort gibt es auch ein schönes Café!
  • Bus von Patras nach Kalamata (ca. 4h, ca. 22 Euro, zweimal pro Tag: gegen 9 und 16 Uhr). Der Morgenbus bietet sich an, weil es täglich nur um 13 Uhr einen Bus von Kalamata in die Mani gibt.
  • Bus von Kalamata nach Stoupa (ca. 1,5h, ca. 5 Euro, einmal pro Tag gegen 13 Uhr). Das ist eine sehr schöne und kurvige Strecke an der Küste entlang mit herrlichen Meerblicken. Von Stoupa sind es noch ca. 10 Minuten mit dem Auto zum Sonnenlink
  • Wenn man nur öffentlich unterwegs ist, kann man die Reise in drei Tagen schaffen. Es lohnt sich aber auch einen Zwischenstopp auf der Strecke einzulegen. Ich habe beispielsweise noch zwei Nächte in Patras verbracht und fand es sehr erholsam!

Empfehlenswert

  • warme und bequeme Klamotten, Schlafsack, Isomatte, Ohropax, Schlafmaske und/oder Schal, was zu lesen und zu schreiben, genügend Essen und Trinken…

Gründe für die Reise

  • Klimaschutz: Es ist nachhaltig und man reist mit gutem Gewissen. Auf einem Hinweisschild der ÖBB im Zug steht: „Im Schlaf das Klima retten – Ein gutes Gewissen ist das beste Ruhekissen. Danke, dass Sie heute fleißig CO2 sparen. Die Bahn ist – gemessen an den CO2-Emissionen – 27 Mal klimafreundlicher als ein durchschnittlicher PKW und 51 Mal klimafreundlicher als ein Flugzeug unterwegs.“ Ich freue mich das zu lesen und fühle mich gleich noch besser, dass ich diese weite Reise mit dem Zug antrete. Richtig schlafen im Nachtzug erfordert allerdings Übung finde ich, aber Dösen ist auf jeden Fall mit drin!
  • Abenteuer: Die Reise ist ein Erlebnis, ich habe viele nette Begegnungen unterwegs und schließe sogar Reisebekanntschaften. Man kann auch mal das schnelle ans Ziel kommen außer Acht lassen und das längere Unterwegssein nicht als mühsam, sondern als Abenteuer sehen: „Also ich zahle lieber um die 200 Euro für zwei Tage Abenteuer als ähnlich viel Geld für 2 Stunden im Flugzeug!“ Es ist auf jeden Fall viel spannender und es lohnt sich wirklich sehr, sich diese Zeit zu nehmen.
  • Entschleunigung: Man muss sich darauf einlassen, dass es Zeit braucht, anzukommen – Der Weg ist das Ziel! Man kommt zu sich und die Seele reist mit. Die Übergänge und die zurückgelegten Kilometer spürt man deutlich: Die Landschaft, das Klima, die Sprache, die Menschen ändern sich. Man bekommt ein anderes Gefühl für die Distanz: Fast 2000 km auf dem Land- und Seeweg dauern nun mal 2 bis 3 Tage. Man hat „Meerzeit“ und mehr Zeit für Vorfreude, Lesen, Schreiben, für Nichtstun, für sich selbst. Alles in allem ist man langsamer, bewusster und achtsamer unterwegs.

Kurz und knapp

  • Es geht spontan, einfach, kostengünstig und vor allem ist es klimafreundlich. Es ist aufregend, natürlich manchmal ein wenig anstrengend, aber wirklich schön und absolut empfehlenswert. Also ich finde gerade in diesen Zeiten sollte man das unbedingt mal ausprobieren!
  • „Eine Reise der Sinne“: Sehen wie sich die Landschaft verändert, andere Sprachen hören, salzige Meerluft schmecken, den Wind und die Sonne fühlen, Freiheit riechen. Sich selbst spüren… Das ist Reisen mit allen Sinnen!